Entropie als Weltfrieden, Entropie als Krieg.

Das Unmenschliche an der menschlichen Natur.

Entropie ist ein Maß für die Unordnung, oder das Chaos, in einem abgeschlossenen System. In Dicks „The Skull“ wird diese Unordnung ausgedrückt als eine frei expandierende Weltbevölkerung, deren Anzahl nicht von Kriegen gemindert wird. Es herrscht eine von der „First Church“ gestartete Bewegung, die den Weltfrieden unterstützt und sichert. Steht Entropie als Metapher für „Unordnung“ oder gar „Chaos“, dann findet sich hier ein Paradoxon. Einerseits stellt Dick die krieglose Welt als chaotischen Ort dar, wo die uneingeschränkte Expansion sämtliche Gewohnheiten über den Haufen wirft. Andererseits will eine kleine Gruppe von Menschen dieses Chaos durch den eigentlich für uns offensichtlich als Ausnahmezustand und eben Chaos geltenden Krieg beenden:

“But we can take a more objective view of war today. What was so terrible about it? War had a profound selective value, perfectly accord with the teachings of Darwin and Mendel and others. […] War acted to reduce their numbers; like storms and earthquakes and droughts, it was nature’s way of eliminating the unfit.’” (S.3)

Die Frage, die sich hier stellt, ist: kann Entropie im Sinne von Chaos gleichzeitig Weltfrieden und Weltkrieg sein? Sie kann es insofern, als das sie beim Weltfrieden als deren Konsequenzen fungiert und beim Krieg als die Tatsache der gewaltsam geschaffenen Unordnung an sich.

Man könnte zusammenfassen, dass hier durch Terror (für die Überlebenden) eine bessere Welt geschaffen werden soll. Ein kontroverses Unternehmen, dass sich auch in unserer gegenwärtigen Welt nur zu oft zeigt. Vor zwei Tagen, am 19.Juni 2008 detonierte in der spanischen Ortschaft in der Nähe von Bilbao eine Autobombe, die einen Polizisten tötete. Die ETA wird hinter dem Anschlag vermutet, sie hätte im Vorfeld davor gewarnt. Das Ziel der Untergrundorganisation ETA ist es, ein freies, unabhängiges Baskenland zu erzwingen. Seit März führt dort erstmals seit Jahrzehnten ein Nationalist, der jegliche Verhandlungen mit der ETA ablehnt, die Regionalregierung. Eine „Welle des Terrors“ wurde angekündigt.
Eine Welle des Terrors würde auch der Bevölkerung in „The Skull“ bevorstehen, wenn die „First Church“ tatsächlich vor ihrer Vernichtung stünde.

Jedes Paralleluniversum Philip K. Dicks bekommt, wenn man es mit der unserer realen Gegenwart vergleicht, einen makaberen Beigeschmack. Die oft auf den ersten Blick absurd erscheinenden Geschichten finden immer eine logische Erklärung in der menschlichen Natur. Diese menschliche Natur, oft irrtümlicherweise als „unmenschlich“ bezeichnet, äußert sich in „The Skull“ durch das pragmatische und machtgieriger Vorgehen von Menschen, die sich selbst durch das Verbreiten von Leid an die Spitze stellen.

Ein Weltkrieg würde den Weltfrieden ablösen und geordnete Verhältnisse schaffen. Lässt sich ein Krieg damit rechtfertigen? Lassen sich die Taten der ETA, die schon über 800 Todesopfer forderten, in irgendeinem Zusammenhand mit dem, was sie erreicht haben, sehen? Hier teile ich meine Meinung mit Marcus Tullius Cicero: „Den ungerechtesten Frieden finde ich immer noch besser als den gerechtesten Krieg.“

Vgl. Dick, Philip K, „The Skull“, Lernplattform Moodle, https://moodle.univie.ac.at/mod/resource/view.php?id=53543, 20.Juni 2009; (1952).
Dick, Philip K, „The Skull“, Lernplattform Moodle, https://moodle.univie.ac.at/mod/resource/view.php?id=53543, 20.Juni 2009; (1952), S.3.
Vgl. „Bombenanschlag im Baskenland“, derStandart.at, http://derstandard.at/fs/1244460984656/Polizist-gestorben-Bombenanschlag-im-Baskenland 19.Juni 2009, 20.Juni 2009
Marcus Tullius Cicero, „Krieg Zitate“, http://zitate.net/zitate/krieg/zitate.html 20.Juni 2009

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